Interview mit Julian Odenthal von Prym

Interview mit Julian von Prym

Wetten: In jedem Haushalt in Deutschland gibt es mindestens einen Artikel der Marke Prym! Nur: Das ist vielen gar nicht klar. Denn der zweitälteste Industriebetrieb unseres Landes ist zwar Druckknopf- und Nähbedarfs-Hersteller erster Güte und mit 3.500 Mitarbeitern weltweit richtig groß aufgestellt. Aber das alles mit dem Namen Prym verbinden? Das ist nicht unbedingt der Fall. 

Doch die Markenbindung, der Kontakt zum Endkunden, ein eigener Handarbeits-Online-Shop – diese Themen sind wichtig für Prym: Der Konzern baut kräftig um und seinen eCommerce-Bereich kräftig aus. Und das Beste: Wir dürfen beim Email-Marketing unterstützen! Welche konkreten Veränderungen im Bereich eCommerce geplant sind, beantwortet Head of Customer Centric eCommerce bei Prym, Julian Odenthal. Er leitet ein Team aus Spezialist:innen für Customer Experience, Customer Retention und Performance Marketing.

Tabea

25.04.2022

Interview

Tabea von &revenue: Anfang 2019 bist du als Head of Customer Centric eCommerce bei Prym eingestiegen – einer äußerst traditionsreichen Firma, mit deren Namen aber vermutlich gar nicht so viele Menschen etwas anfangen können. Wie erklärt man also seinen Eltern oder seinen Großeltern, welchen tollen neuen Job man da an Land gezogen hat?

Julian von Prym: Das Gespräch mit meiner Oma über die neue Stelle ist mir tatsächlich in Erinnerung geblieben. Sie ist handarbeitsaffin. Aber als ich von Prym erzählt habe, konnte sie sich unter dem Namen erstmal nichts vorstellen. Als sie die Schreibweise dann gesehen hat, meinte sie: “Ach so, Prümm! Ja, dann!” Und das ist ziemlich typisch: Die Aussprache ist vielen nicht klar. Prüm, Priem, Prrrimm – die Aussprache variiert, weshalb wir vor einiger Zeit mal ein Video gedreht haben zu dem lustigen Fakt. Zur unklaren Aussprache dazu kommt, dass viele gar nicht wissen, dass sie unsere Produkte benutzen oder die Knöpfe und Reißverschlüsse an ihren Jeans von uns stammen. Unser Name ist also ggf. nicht allen immer präsent, obwohl Prym riesig ist bei der Herstellung von Nähzubehör.

Prym Video Aussprache

 

Wisst ihr denn – anders als eure Kund:innen – wie viele Prym-Artikel durchschnittlich in den Haushalten in Deutschland zu finden sind? 

Nein, und zwar aus diesem Grund: Bis 2018 haben wir unsere Produkte vor allem an den Großhandel verkauft und nicht direkt an Fachhändler oder Endkunden. Wir haben bis dahin also relativ wenige Marktdaten und konnten nicht genau sagen: So sieht unser/e Kund:in aus. Die Infokette vom Endkunden über den Fachhändler zum Großhandel zu uns war einfach zu lang. 

2018 haben wir einen neuen Ansatz initiiert in Richtung Direct to Retail und Direct to Consumer. Mit dem Fokus auf den eigenen Vertriebsweg ändert sich der Informationsfluss so langsam. Auch bei Innovationen ist das User Feedback dadurch viel genauer. 

Ist ja spannend! Ich hatte mir vorgestellt, dass Tausende Prym-Vertreter:innen Fachhändler besuchen, ihre Produkt-Boards aufklappen und vielleicht auch die Anordnung im Geschäft vorgeben.

Es gab schon einen Vertrieb. Aber der war eben auf eine Logistik für B2B ausgerichtet. Zum Beispiel konnten nur bestimmte Mengeneinheiten gekauft werden. Für manche Produkte war das also eine große Hürde. Jetzt haben wir durch Direct to Retail den Ansatz, auch Fachhändler als Direktkunden zu gewinnen, ihnen deutlich mehr Flexibilität zu bieten und mit ihnen leichter mal neue Sortimente anzutesten. 

Bleiben wir nochmal in der Vergangenheit: Euer Gründer, der Goldschmied Wilhelm Prym, hat sich 1530 selbständig gemacht mit der Herstellung von Kupfer und Messing. Prym ist also fast ein halbes Jahrtausend alt. Ist diese traditionsreiche Geschichte auch in dem alten Firmensitz in Stolberg zu spüren?

Ja, auf jeden Fall! Aber im Kontrast zu dieser langen, traditionsreichen Geschichte steht bei Prym schon immer der Veränderungswille. Die Firma hat sich immer wieder modernisiert und in der vergleichbar kurzen Zeit, in der ich da bin, wirklich enorm weiterentwickelt. Vom Siezen zum Duzen, von festen Arbeitsplätzen hin zu Konzepten für Open Work Spaces und agilen Teams, die auch interdisziplinär arbeiten und eine offene Fehlerkultur verfolgen. Diese großen internen Veränderungsprozesse haben wir alle zusammen 2020 in einer Zukunftswerkstatt erarbeitet.

Prym Zentrale Stolberg. Foto: Prym.

Übrigens ist die Geschäftsführung für ein so großes Unternehmen ziemlich nahbar, das hat mich von Beginn an beeindruckt. Sie erklärt viel, lässt Nachfragen zu und bekommt auch Privates mit, wie zum Beispiel die Geburt meiner Tochter.

Du hast es angesprochen, Prym befindet sich in einem großen Veränderungsprozess. Gibt es denn trotzdem Konstanten im Marketing der Firma?

Wir wollen ein kundenzentriertes Unternehmen sein, das war schon immer unser Ziel. Gerade deshalb kommt jetzt auch der ganze Strukturwandel hin zum Endkunden und dem Fachhändler. Diesen Gedanken fassen wir jetzt aber noch weiter: Wir wollen der Partner sein für das Thema Handarbeiten. Und unseren Online-Shop als One-Stop-Shop im Bereich Handarbeiten etablieren. Konkret heißt das, unseren Online-Shop mit den besten Lösungen voranzutreiben, immer mit dem Ziel, dass es den Kund:innen etwas bringt. Ein Beispiel: Prym ist ja eigentlich ein Hersteller. Wir schlüpfen aber immer mehr auch in die Händler-Rolle und verkaufen Fremdmarken. Einfach, weil die Kund:innen die volle Auswahl bei uns haben sollen. 

Es liegt ja nicht unbedingt nahe, Konkurrenzprodukte zu vertreiben. Aber du siehst das als klaren Vorteil?

Wenn ein/eine Kund:in jetzt nur die Nähnadel bestellen kann, aber keinen Stoff dazu oder keine Nähmaschine, dann ist das Projekt des/der Kund:in nicht umsetzbar. Das heißt, der/die Kund:in wird immernoch zusätzlich irgendwo anders bestellen müssen. Es gibt im Netz Läden mit starker Spezialisierung auf Nähen oder auf Stricken. Oder es gibt Amazon, wo alles in den Warenkorb gepackt und bestellt werden kann. Aber es gibt noch nicht diesen einen Ort, an dem alles zu finden ist für Makramee, Nähen, Stricken etc. – von Material über Zubehör bis hin zu kostenlosen Anleitungen per Video oder als Schritt-für-Schritt-Vorlage. Unser Anspruch ist es, eine ganze Erlebniswelt aufzubauen, in der Kund:innen neue Marken kennenlernen, kreativ werden und in der wir neue Kund:innen gewinnen, die bisher vielleicht noch gar nicht handarbeiten.

 

Collage aus Fotos vom Nähen, Sticken, Stricken. Fotos: Prym.

Auf welche Channel im Online-Marketing setzt ihr, um den Online-Shop präsenter zu machen?

Neben dem Email Marketing, bei dem wir ja mit euch seit kurzem zusammenarbeiten, nutzen wir in den Sozialen Medien Facebook, Instagram, Pinterest und TikTok. Und dazu kommen Google Shopping, Google Ads, Preissuchmaschinen, Display-Netzwerke. SEO ist natürlich auch ein großer Bereich.

Mit dem Prym-Online-Shop möchtet ihr euch ja beim Thema Email Marketing viel stärker aufstellen und seid deshalb auf uns zugekommen: Geplant sind einige Automatisierungen für Prym und seine Subbrands sowie regelmäßige Newsletter-Kampagnen. Was ist der Hintergrund?

Alle anderen Online-Kanäle helfen uns, neue Kund:innen zu gewinnen und zu reaktivieren. Was uns aber noch fehlt, ist der komplette Austausch mit Kund:innen. Wir haben zwar ein Newsletter-Tool mit gar nicht wenigen Subscribern, aber da wird bislang sporadisch an alle der gleiche Newsletter verschickt. Nicht jeder Empfänger interessiert sich aber für eine Strickanleitung für Socken. Unser Ziel ist es also, eine Segmentierung hinzubekommen, um relevantere Informationen zu verschicken und eine engere Bindung mit dem/der Kund:in aufzubauen. Das sehe ich als klaren Vorteil des Email Marketings. 

Welche konkreten Ziele habt ihr hier?

Der Umsatz durch Email Marketing soll im ersten Schritt auf 10% des Gesamtumsatzes gesteigert werden. Im nächsten Schritt soll er dann bei etwa 20% liegen. Bis 30% wäre unser Traumszenario.

Für die Neuaufstellung beim Email Marketing nimmt Prym auch einen Systemwechsel vor: Ihr zieht um zum ESP Emarsys. Was ist dafür der Grund?

Ganz klar: Der Grund für den Wechsel zu Emarsys sind die Themen Segmentierung und Automatisierung. Bei Mailchimp nutzen wir zurzeit noch keine Automation-Flows, sondern nur “stupide” Newsletter. Hinzu kommt, dass wir gesammelte Daten besser für die User-Experience nutzen wollen. Stichwort On-Site-Tracking: Was hat der/die Kund:in sich angeschaut, welche Produkte hat er schon gekauft? Da ist Mailchimp nicht so stark. Und ein letzter Grund für einen Wechsel waren Datenschutzbedenken. Wir hätten bei einem anderen ESP das Risiko gesehen, in drei Jahren noch einmal umziehen zu müssen. Das wollten wir vermeiden und haben deshalb auf ein Tool mit Servern in Deutschland gesetzt.

Zitat Julian von Prym

Und wo wir schon bei den großen Entscheidungen sind: Wieso habt ihr euch für eine Zusammenarbeit mit uns entschieden?

Für uns war ausschlaggebend, dass ein externer Partner den Hauptfokus klar beim Email Marketing hat. Und allem, was da dran hängt. Wir wollten in dem Bereich nicht irgendwas machen, sondern etwas Gutes machen! Über diesen Ansatz sind wir bei euch gelandet. In den ersten Gesprächen haben wir uns zusammen ja noch ein ESP-Tool angeschaut, dass es letztlich nicht geworden ist. Eure Beratung war an dieser Stelle wirklich super, sodass wir uns zusammen weiterentwickeln konnten. Einmal richtig machen – integrieren, rüberziehen und dann “genießen”. Hat geklappt!

Perfekt! Danke dir fürs Interview!

Asked and answered

Welches ESP nutzt Prym?: Zurzeit noch Mailchimp, künftig Emarsys. Welches Shopsystem?: Spryker im Backend, Frontastic im Frontend.Welches Tool für die interne Kommunikation?: Microsoft Teams. Von welchem Tool fürs Arbeiten bist du Fan?: Von Jira. Wir arbeiten interdisziplinär im Business wie auch mit der Entwicklung zusammen. Viele Themen haben einen Impact auf die Entwicklung. Da macht es Sinn, die Aufgaben und täglichen ToDos auch immer mit den zugehörigen Entwickleraufgaben verknüpfen zu können. So sieht man durch die Verknüpfung auch, ohne in andere Boards reingehen zu müssen, immer den Status der technischen Abhängigkeit. Welche Internetseiten sind Pflichtlektüre beim Arbeiten?: Z.B. LinkedIn für Aktuelles. Ansonsten bin ich eher breit aufgestellt. Hast du eine Marketing-Bible oder ein menschliches Marketing-Vorbild?: Einer, der viele Disziplinen vereint und den ich fachlich, menschlich und in seiner Grundhaltung super finde, ist Karl Kratz. Er bringt viele spannende Dinge zusammen, das Gesamtpaket stimmt! Welche Online-Shops gefallen dir?: Ein Shop, den ich mir gerne angucke, ist Snocks. Das Startup hat so viel geschafft und eine tolle Community bei LinkedIn aufgebaut. Die Gründer zeigen, dass man mit Offenheit Erfolg haben kann und keine Angst haben muss, die Konkurrenz könnte sich etwas abschauen. Welche Newsletter abonnierst und liest du?: Den OMR Newsletter und den Newsletter vom Händlerbund, damit wir immer up to date sind.

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